Die Dekorateurskrabbe – ein Modell über Persönlichkeitsentwicklung
Dieses Denkmodell über Persönlichkeitsentwicklung verwende ich gerne in Workshops und Coachings. Damit erkläre ich, wieso wir uns mit Denkmustern und Glaubenssätzen auseinandersetzen sollten. Es ist ein einfaches Bild für die Vorgehensweise, um freier in unserem Tun zu werden und neue Verhaltensweisen zu lernen.
Das Tier als Bildnis
Die Dekorateurskrabbe hat ein Netz von klammerartigen Härchen über ihren ganzen Körper verteilt. Im Laufe ihres Lebens nimmt sie Gegenstände aus ihrer Umgebung auf (Korallen, Steine, Äste, Pflanzenreste Muscheln, etc.) und heftet sie an ihren Panzer. Mit der Zeit hat sie sich ideal an ihre Umgebung angepasst und perfekt getarnt.
So ähnlich nehmen wir Ideen, Vorstellungen, Glaubenssätze, Haltungen aus unserer näheren Umgebung (Familie, Freunde) in unsere Denkmuster auf. Wir können uns dadurch in unserem gewohnten Umfeld gut bewegen und sind an die uns bekannten Erfordernisse angepasst. Wir identifizieren uns auch mit diesen „Elementen“ unserer Persönlichkeit, nennen sie unser „Charakter“ und manchmal sehen wir diese Sammlung an Glaubenshaltungen als unveränderlich oder nur schwer veränderbar an.
Wenn unsere Umwelt sich aber rasch verändert und wir uns plötzlich in einer Welt wiederfinden, die andere Denkhaltungen, Muster und Vorstellungen erfordert, sind wir mit unserem „Panzer“ plötzlich nicht mehr gut aufgestellt. Ähnlich wie die Dekorateurskrabbe haben wir dann Dinge aufgeladen, die uns nicht mehr weiterhelfen und uns im schlimmsten Fall behindern. Während die Dekorateurskrabbe schlecht getarnt ist und damit Gefahr läuft, zu einer leichten Beute zu werden, können unsere „alten Denkmuster“ uns an den Stillstand unserer Karriere bringen, uns das Gefühl von Überforderung vermitteln und wir sind nicht mehr gut für unser neues Umfeld ausgestattet.
Eine Persönlichkeit muss sich also ENT-wickeln
Um sich an eine neue Umwelt anzupassen, muss die Dekorateurskrabbe zunächst Platz auf ihrem Panzer machen. Sie muss identifizieren, welche Gegenstände nicht mehr in das neue Umfeld passen, diese ablegen und sich neue Gegenstände suchen, aneignen und in ihren Panzer integrieren.
Mit unserer Persönlichkeit verhält es sich ähnlich. Um uns verändern zu können, macht es Sinn, zunächst zu überprüfen, welche Strategien wir uns angeeignet haben, die für unsere neue Umwelt oder unseren nächsten Schritt nicht mehr hilfreich oder von Nutzen sind. Wir erkennen, was diese „alten Muster“ sind und hinterfragen, wofür sie uns nützen. Wenn sie uns nicht mehr hilfreich erscheinen, gilt es, sie abzulegen und loszulassen. Je weniger hemmende Strategien wir noch mit uns herumtragen, desto offener sind wir für neue Strategien. Wir haben dann mehr Platz für Neues.
Dies ist oft der erste Schritt, bevor wir neue Muster oder Handlungsoptionen identifizieren und lernen können. Dann entdecken wur neue Verhaltensweisen, Ideen oder Haltungen und schaffen Routinen, Erinnerungen oder Abläufe, damit wir diese langfristig erlernen und integrieren können.
Persönlichkeitsentwicklung fördern
Für die Dekorateurskrabbe ist es gefährlich, Gegenstände der Tarnung abzulegen und ungeschützt zu sein. Ähnlich ungemütlich und exponiert kann auch Persönlichkeitsentwicklung manchmal werden. Wir konfrontieren uns bewusst mit den Lügen, die wir uns erzählen. Wir akzeptieren, dass unsere Realität vielleicht nur eine von vielen möglichen ist. Wir erlauben uns selbst und anderen tiefe Einblicke in Bereiche unserer Persönlichkeit, die wir ungern der Öffentlichkeit zeigen.
Um sich dennoch entwickeln zu können, hilft es, sich mit Menschen zu umgeben, die einem ehrliches aber wertschätzendes Feedback geben können. Menschen, die an unserer Entwicklung interessiert sind und uns nicht lieber in alten Mustern sehen und hängen lassen. Um einen Blick hinter unsere Denkmuster überhaupt zu schaffen, helfen z.B. Coaches, die uns Fragen stellen, die unsere Selbstlügen oder einschränkenden Glaubenssätze schonungslos aber achtsam sichtbar machen. Eine Selbsterfahrungsgruppe kann uns dabei unterstützen, in einem vertraulichen Rahmen Themen anzupacken, die wir ungern unseren Freunden oder Familienmitgliedern erzählen wollen. Meditation kann helfen, zu erkennen, dass unsere Gedanken „nur Gedanken“ sind und erlauben uns, diese zu hinterfragen oder auch ziehen zu lassen, wenn sie uns nicht mehr hilfreich erscheinen.
Das Wichtigste an der Persönlichkeitsentwicklung ist allerdings das TUN. Es nützt nichts, Erkenntnisse durch Ratgeber oder inspirierende Videos zu haben. Entwickeln kann man sich nur durch verändertes Handeln. Denn nur die Erfahrung mit meinem veränderten Verhalten kann ich überprüfen, ob ich es integrieren möchte und ob es mein Leben so verändert, wie ich es möchte.